Die Jägerin

© 2011
Der Mann war ein Invalide. Das rote Haar fiel ihm wirr auf die schmalen Schultern, sein Gesicht war von Sommersprossen übersät. Aber er schien nicht der Typ, auf den sie es abgesehen hatte, auch wenn er sie schon eine ganze Weile beobachtete.

Rosalie wandte sich vom Tresen ab und ließ ihren Blick über die voll besetzten Tische gleiten. Die meisten Gäste im Lokal gehörten nicht zur Elite der Neuen Menschen. Sie plapperten durcheinander, lachten lauthals, tranken aus Blechbechern – in denen sich bestimmt auch Alkohol befand. Rosalie rümpfte die Nase. Sie konnte nicht verstehen, wieso manche Leute ihren Körper mit solchen Genussmitteln schädigten. Alkohol war verboten, so lange sie denken konnte; ein allumfassendes Gesetz gegen das Rauchen war vor fast hundert Jahren erlassen worden. Und doch trug ganz bestimmt manch einer dieser primitiven Menschen auch ein Päckchen Tabak bei sich. Unmerklich schüttelte sie den Kopf. Sie war nicht hier, um irgendwelche Gesetzesbrecher zu fassen.

»Hi!« Wider Erwartens gesellte sich der Rothaarige zu ihr, hob zum Gruß die Hand. Begierig wanderten seine Augen über ihren Körper, verharrten für einen Moment auf ihrem Dekolleté. »Hat er dich etwa versetzt?«, fragte der Mann und offenbarte eine Reihe gelblich verfärbter Zähne.
Rosalie stutzte. Sie hatte sich geirrt. Offensichtlich war der Kerl doch ein potenzielles Opfer. »Sieht so aus.« Sie lächelte.
»Bekloppte wird es wohl immer geben«, erwiderte der Mann und zuckte mit den Schultern. »Eine Frau wie dich ... Was für ein Idiot! Darf ich mich zu dir setzen?«
Provokativ leckte sie sich über die Lippen und zwinkerte ihm zu. »Rosalie.« Sie reichte ihm die Hand. »Und wer bist du?«
»Ich bin Edward Carmichael. Eddy für meine Freunde.« Er deutete auf ihren Drink. »Darf ich dir noch einen bestellen?«

Bevor Rosalie antworten konnte, wurde es laut an der Tür. Menschen sprangen von ihren Plätzen, drängten ins Innere des Lokals. Soldatenpriesterinnen in schwarzen Uniformen marschierten herein [...]


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